Bigamie zu leben. Daher beschloß er, ruchlos und kaltblütig,
wie er war, sich seiner Frau zu entledigen. Es war ein kluger
Gedanke, sie im Zug zu ermorden und dann ihre Leiche in
dem Sarkophag zu verbergen. Er wollte dadurch die Familie
Crackenthorpe in den Mord verwickeln. Vorher hatte er
einen Brief an Emma geschrieben, der angeblich von
Martine, dem Mädchen, das Edmund Crackenthorpe hatte
heiraten wollen, stammte. Emma hatte Dr. Quimper alles
von ihrem Bruder erzählt. Als der geeignete Augenblick
gekommen war, ermunterte er sie, zur Polizei zu gehen und
ihre Geschichte zu erzählen. Er wollte, daß die Tote als
Martine identifiziert würde. Vermutlich erfuhr er, daß die
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französische Polizei nach Anna Strawinska
Nachforschungen anstellte. Daher sorgte er dafür, daß eine
Karte aus Jamaika kam, die sie angeblich geschrie ben hatte.
Er verabredete mit seiner Frau ein Zusammentreffen in
London. Da wird er ihr gesagt haben, er wolle sich mit ihr
versöhnen, und dann veranlaßte er sie, mit ihm nach Brackhampton
zu reisen. Was weiter geschah, darüber wollen wir
nicht sprechen, denn es ist zu gräßlich. Er war ein sehr
habgieriger Mann. Also, sagte er sich, es wäre doch zu
schön, wenn er ein größeres Kapital in die Hände bekäme.
Daher begann er Gerüchte zu verbreiten, jemand wolle MR.
Crackenthorpe vergiften. Als er so den Boden bereitet hatte,
gab er der Familie Arsenik ein. Er hütete sich, die Dosis zu
übertreiben, denn er wollte nicht, daß der alte Mr.
Crackenthorpe stürbe.»
«Aber ich begreife nicht, wie er das gemacht hat»,
wandte Craddock ein. «Er war doch nicht im Hause, als der
Curry angerichtet wurde. »
«Damals war auch noch kein Arsenik im Curry», erklärte
Miss Marple. «Er fügte es erst später dem Curry bei, den er
mitnahm, um ihn zu untersuchen. Wahrscheinlich hatte er in
den Cocktail Arsenik getan. Nun war es natürlich für ihn in
seiner Rolle als ärztlicher Betreuer sehr einfach, Alfred
Crackenthorpe zu vergiften und Harold die vergifteten
Tabletten zu schicken, nachdem er so vorsichtig gewesen
war, ihm zu sagen, er brauche keine Tabletten mehr zu
nehmen.
Ich überlegte, wie ich ihn entlarven könnte. Meine
Freundin hatte ihn ja nur von hinten gesehen, aber ich
wußte, daß jeder Mensch wiedererkannt wird, wenn er in
genau der gleichen Pose gesehen wird. Ich sagte mir, wenn
Elsbeth Dr. Quimper in genau derselben Stellung sehen
würde, in der sie den Mann im Zug gesehen hatte – also ihr
den Rücken zukehrend und über eine Frau gebeugt, die er
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am Hals gepackt hielt -, daß sie dann so gut wie sicher ihn
Wiedererkennen oder wenigstens ihre Überraschung
irgendwie zum Ausdruck bringen würde. Daher brachte ich
mit Lucys freundlicher Hilfe einen kleinen Plan zur
Ausführung.»
«Ich muß gestehen», sagte Mrs. McGillicuddy, «daß ich
ganz bestürzt war. Noch ehe ich es verhindern konnte, waren
mir schon die Worte:
«Ich wollte sagen, ich hätte freilich sein Gesicht nicht
gesehen.»
«Das», sagte Miss Marple, «wäre ganz verhängnisvoll
gewesen. Er glaubte nämlich, meine. Liebe, du hättest ihn
tatsächlich wiedererkannt. Er konnte ja nicht wissen, daß du
sein Gesicht nicht gesehen hattest.»
«Da ist es nur gut, daß ich den Mund gehalten habe»,
sagte Mrs. McGillicuddy.
«Ich hätte dir nicht erlaubt, noch ein Wort zu sagen»,
erklärte Miss Marple feierlich.
Craddock mußte lachen.
«Sie beide!» sagte er. «Sie sind ein wunderbares Paar.
Und was kommt nun, Miss Marple? Wie sieht das
Happy-End aus? Was wird zum Beispiel aus der armen
Emma Crackenthorpe?»
«Ich denke mir, wenn ihr Vater tot ist>, erwiderte Miss
Marple, «und ich glaube nicht, daß seine Gesundheit so gut
ist, wie er immer tut, wenn er also tot ist, wird sie eine
Kreuzfahrt machen und im Ausland bleiben. Vielleicht
findet sie einen netteren Mann als Dr. Quimper. Ich würde
es ihr wünschen.»
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«Und Lucy Eyelesbarrow? Hören Sie da auch die
Hochzeitsglocken läuten?»
«Vielleicht», antwortete Miss Marple. « Es würde mich
nicht überraschen.»
«Welchen von ihnen wird sie denn wählen?» fragte
Dermot Craddock.
«Wissen Sie es nicht?» sagte Miss Marple.
«Nein, ich weiß es nicht», erwiderte Craddock. «Wissen