Padington by Agatha Christie

Cedric warf ihm einen schnellen Blick zu. Dann lehnte er

sich zurück, gähnte, bemühte sich, höchst uninteressiert

auszusehen, und schien in seiner Erinnerung zu forschen.

«Wie ich Ihnen bereits sagte», begann er endlich, «war

ich auf Ibiza. Das Fatale ist nur, daß dort ein Tag dem

anderen gleicht. Am Vormittag wird gemalt, nachmittags

von drei bis fünf hält man Siesta. Wenn das Licht günstig ist,

wird hinterher noch etwas skizziert. Dann nimmt man seinen

Aperitif, manchmal mit dem Bürgermeister, manchmal mit

dem Arzt. Dann ißt man eine Kleinigkeit. Den Abend

verbringe ich in der Hauptsache mit einigen Freunden aus

dem Volke in Scotty’s Bar. Genügt das?»

Ach würde lieber die Wahrheit hören, Mr. Crackenthorpe.

»

Cedric fuhr in die Höhe.

«Das ist eine sehr beleidigende Bemerkung, Inspektor.»

«Finden Sie? Sie sagten mir, Mr. Crackenthorpe, Sie

hätten Ibiza am 21. Dezember verlassen und wären an

demselben Tag in England eingetroffen.»

«Das stimmt. Ein! Hallo, Ein!»

Emma Crackenthorpe kam in diesem Augenblick aus

dem Nebenzimmer. Sie blickte fragend von Cedric zum

Inspektor und wieder zu Cedric.

«Hör mal, Ein! Ich kam doch am Samstag vor

Weihnachten an, nicht wahr? Erinnerst du dich? Ich kam

direkt vom Flughafen?»

«Ja», erwiderte Emma etwas verwundert. «Du kamst

etwa zur Lunchzeit hier an.»

«Da hören Sie es», sagte Cedric zum Inspektor.

«Sie müssen uns für sehr dumm halten, Mr. Crackenthorpe

», sagte Craddock in liebenswürdigem Plauderton.

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«Wissen Sie denn nicht, daß wir solche Aussagen

überprüfen können? Ich denke, wenn Sie mir Ihren Paß

zeigen wollen -»

Er machte abwartend eine Pause.

«Ich kann das verwünschte Ding nicht finden», erwiderte

Cedric. «Ich habe heute morgen schon danach gesucht.

Wollte ihn dem Reisebüro schicken.»

«Ich denke, Sie würden ihn finden können, Mr. Crackenthorpe.

Aber es ist nicht notwendig. Die Passagierlisten zeigen,

daß Sie dieses Land in Wahrheit am Abend des 19.

Dezember betreten haben. Vielleicht werden Sie jetzt die

Güte haben, mir zu erklären, was Sie von diesem

Augenblick an bis zur Lunchzeit am ai. Dezember, als Sie in

Rutherford Hall eintrafen, gemacht haben.»

Cedric sah sehr zornig aus.

«Es ist ein wahrhaft verteufeltes Leben heutzutage»,

schimpfte er. «All dieser Bürokratismus und dieses

Ausfüllen von Formularen! Man kann nicht mehr gehen,

wohin man will, und tun, was einem gefällt. Immer stellt

irgend jemand einem Fragen. Wozu eigentlich die

Aufregung um den 2o.? Was ist an diesem Tag denn

Besonderes?»

«Es ist zufällig der Tag, an dem, wie wir glauben, der

Mord begangen wurde. Sie können natürlich die Antwort

verweigern, aber -»

«Wer sagt, daß ich die Antwort verweigere? Lassen Sie

einem doch Zeit! Im übrigen äußerten Sie sich bei der Leichenschau

sehr unbestimmt über den vermutlichen Zeit punkt

der Ermordung. Was hat sich denn seitdem Neues

herausgestellt?»

Craddock gab keine Antwort.

Cedric fragte mit einem Seitenblick auf Emma:

«Wollen wir nicht ins Nebenzimmer gehen?»

Emma sagte schnell: «Ich gehe schon.»

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An der Tür blieb sie noch einmal stehen und wandte sich

um.

«Es ist sehr ernst, Cedric. Vergiß das nicht! Wenn der zo.

wirklich der Tag war, an dem die Frau ermordet wurde, dann

mußt du dem Inspektor ganz genau berichten, was du gemacht

hast.»

Sie ging ins Nebenzimmer und schloß die Tür hinter sich.

«Die gute alte Emma!» sagte Cedric. «Also denn! Ja, ich

habe Ibiza tatsächlich am 19. verlassen. Ich wollte die Reise

in Paris unterbrechen und ein paar Tage mit alten Freunden

zusammensein. Es fügte sich aber, daß eine sehr anziehende

junge Frau im Flugzeug war. Sie war wirklich lecker. Sie

wollte in die Vereinigten Staaten, aber vorher zwei Nächte

in London bleiben, um irgendwelche geschäftlichen Angele –

genheiten zu erledigen. Am z9. kamen wir in London an.

Wir stiegen im Kingsway Palace ab – für den Fall, daß Ihre

Spitzel das noch nicht herausgefunden haben sollten. Nannte

mich John Brown – in solchen Fällen gibt man ja besser

nicht seinen richtigen Namen an.»

«Und am 2o.?»

Cedric schnitt eine Grimasse.

«Am Vormittag konnte ich nicht viel anfangen, weil ich

einen gräßlichen Kater hatte.»

«Und am Nachmittag? Von 15 Uhr an?»

«Lassen Sie mich überlegen. Ja, ich bummelte herum,

ging in die National Gallery und sah mir einen Film an,

. Dann ging ich in eine Bar und

nahm einen oder zwei Drinks und schlief etwas in meinem

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