S t e p h e n W. H a w k i n g. E i n s t e i n s T r a u m

Bis 1974 konnte ich ohne fremde Hilfe essen, aufstehen und ins Bett gehen. Jane hatte die ganze Zeit für mich gesorgt und dabei noch zwei Kinder großgezogen. (Unser drittes wurde 1979

geboren.) Doch danach wurde die Situation immer schwieriger, deshalb gingen wir dazu über, jeweils einen meiner Doktoranden bei uns einzuquartieren. Als Gegenleistung für freies Logis und besondere Betreuung durch mich halfen mir unsere Untermieter morgens beim Aufstehen und abends beim Zubettgehen. Ab 1980 nahmen wir wechselweise die Hilfe von Gemeindeschwe-stern und privaten Pflegerinnen in Anspruch, die für ein bis zwei Stunden jeweils am Morgen und am Abend kamen. Diese Rege-lung behielten wir bei, bis ich 1985 eine Lungenentzündung bekam. Ich mußte mich einer Tracheotomie unterziehen und von da an einen Pflegedienst rund um die Uhr in Anspruch nehmen, was uns durch die Mittel verschiedener Stiftungen ermöglicht wurde.

Vor der Operation war meine Sprache immer undeutlicher geworden, so daß mich nur noch ein paar Menschen, die mich sehr gut kannten, verstehen konnten. Aber immerhin konnte ich mich noch verständlich machen. Wissenschaftliche Aufsätze schrieb ich, indem ich sie einer Sekretärin diktierte, und ich hielt Vorlesungen und Vorträge mit Hilfe eines Dolmetschers, der

meine Worte deutlich wiederholte. Durch den LuftröhrenSchnitt habe ich die Fähigkeit zu sprechen völlig eingebüßt. Eine Zeitlang konnte ich mich nur verständlich machen, indem ich die Wörter buchstabierte: Ich hob die Augenbrauen, wenn jemand auf den richtigen Buchstaben des Abc auf einer Karte zeigte. Es ist ziemlich schwierig, auf diese Weise ein Gespräch zu führen oder gar eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen, jedenfalls hörte ein Computerfachmann in Kalifornien, Walt Woltosz, von meinen Schwierigkeiten und schickte mir ein Programm namens Equalizer, das er geschrieben hatte. Damit kann ich Wörter aus einer Reihe von Menüs auf dem Bildschirm auswählen, indem ich einen Schalter in meiner Hand drücke. Das Programm läßt sich auch durch Kopf- oder Augenbewegungen bedienen. Wenn ich zusammengestellt habe, was ich sagen möchte, kann ich es an einen Sprachsynthesizer überspielen.

Zunächst ließ ich das Programm auf einem Schreibtischcom-puter laufen. Doch dann montierte David Mason von der Firma Cambridge Adaptive Communications einen kleinen PC und einen Sprachsynthesizer auf meinen Rollstuhl. Dank dieses Systems kann ich mich viel besser verständlich machen als vorher. Ich schaffe bis zu fünfzehn Wörter pro Minute. Ich kann das, was ich geschrieben habe, sprechen oder auf Diskette speichern. Dann kann ich es ausdrucken oder es wieder abrufen und Satz für Satz sprechen. Mit Hilfe dieses Systems habe ich zwei Bücher und eine Menge wissenschaftlicher Aufsätze geschrieben. Und ich habe eine Reihe wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Vorträge gehalten. Sie sind gut angekom-men, was sicher großenteils der Qualität des Sprachsynthesizers zu verdanken ist, der von Speech Plus hergestellt wurde. Die Stimme ist sehr wichtig. Wenn man undeutlich spricht, neigen die Menschen dazu, einen zu behandeln, als sei man geistig zu-rückgeblieben. Dieser Synthesizer ist bei weitem der beste, den ich kenne, weil er die Intonation variiert und nicht wie ein Auto-

mat spricht. Leider stattet er mich mit einem amerikanischen Akzent aus. Doch das Unternehmen arbeitet bereits an einer britisch klingenden Version,

An amyotropher Lateralsklerose leide ich im Grunde genommen, seit ich erwachsen bin. Doch sie hat mich nicht daran gehindert, eine liebenswerte Familie zu gründen und erfolgreich meine Arbeit zu tun. Das verdanke ich der Hilfe meiner Frau, meiner Kinder und vieler anderer Menschen und Organisatio-nen. Ich hatte insofern Glück, als meine Krankheit langsamer vorangeschritten ist als in vielen anderen Fällen. Was beweist, daß man die Hoffnung nie aufgeben sollte.

Öffentliche

Einstellungen zur

Wissenschaft *

Ob es uns gefällt oder nicht, die Welt, in der wir leben, hat sich in den letzten hundert Jahren erheblich verändert und wird sich in den nächsten Jahrhunderten wahrscheinlich noch stärker verändern. Manche Menschen würden diesem Wandel gern Einhalt gebieten und in eine Zeit zurückkehren, von der sie glauben, das Leben in ihr sei natürlicher und einfacher gewesen. Doch die Geschichte zeigt, daß die Vergangenheit nicht gar so märchenhaft war. Für eine privilegierte Minderheit war sie recht angenehm, obwohl auch sie ohne die Errun-genschaften der modernen Medizin auskommen mußte, so daß zum Beispiel Geburten auch für Frauen gehobener Schichten ein großes Risiko darstellten. Für die große Mehrheit der Bevölkerung war das Leben indessen hart, gefährlich und kurz.

Aber wir können das Rad eh nicht zurückdrehen, selbst wenn wir es wollten. Wissen und Technik lassen sich nicht einfach vergessen. Auch weitere Fortschritte in der Zukunft können wir

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