S t e p h e n W. H a w k i n g. E i n s t e i n s T r a u m

Wenn diese Theorie verfügt hat, daß wir durch den Strang sterben sollen, werden wir nicht ertrinken. Aber man muß schon äußerst sicher sein, daß man für den Galgen bestimmt ist, bevor man sich bei stürmischem Wetter mit einem kleinen Boot aufs Meer wagt. Mir ist aufgefallen, daß sogar Menschen, die behaupten, alles sei vorherbestimmt und es stehe nicht in unserer Macht, etwas daran zu ändern, nach links und rechts sehen, bevor sie die Straße überqueren. Vielleicht liegt es daran, daß diejenigen, die keine solche Vorsicht walten lassen, nicht überleben und somit ihre Überzeugung nicht äußern können.

Wir können unser Verhalten nicht nach dem Glauben aus-richten, alles sei vorherbestimmt, weil wir nicht wissen, was vorherbestimmt worden ist. Statt dessen müssen wir uns an die operative Theorie halten, daß wir einen freien Willen haben und daß wir für unser Handeln verantwortlich sind. Diese Theorie taugt nicht besonders zur Vorhersage menschlichen Verhaltens, aber wir machen sie uns zu eigen, weil es keine Möglichkeit gibt, die Gleichungen zu lösen, die sich aus den fundamentalen Gesetzen herleiten. Es gibt außerdem einen darwinistischen Grund für unseren Glauben an den freien Willen. Eine Gesellschaft, deren Mitglieder sich für ihre Handlungen verantwortlich fühlen, wird besser kooperieren können und eher in der Lage sein, zu überleben und ihre Wertvorstellungen zu verbreiten. Natürlich funktioniert die Kooperation auch bei Ameisen. Aber eine solche Gesellschaft ist statisch. Sie kann nicht auf unerwartete Heraus-forderungen reagieren oder sich neue Möglichkeiten erschlie-

ßen. Doch freie Individuen, die sich zusammenschließen und bestimmte Zielvorstellungen teilen, können kooperieren, um ihre gemeinsamen Ziele zu erreichen, und doch flexibel genug blei-

ben, um Neuerungen einzuführen. Eine solche Gesellschaft hat bessere Chancen, sich zu entfalten und ihr Wertsystem zu verbreiten.

Der Begriff des freien Willens gehört einer anderen Kategorie an als die fundamentalen Gesetze der Wissenschaft. Wenn man versucht, menschliches Verhalten aus den Naturgesetzen abzu-leiten, verstrickt man sich im logischen Paradox von selbstbezüglichen Systemen. Falls sich unser Handeln aus grundlegenden Gesetzen vorhersagen läßt, könnte diese Vorhersage verändern, was geschieht. Das ähnelt den Problemen, mit denen wir zu tun bekämen, wenn Zeitreisen möglich würden – was ich für undenkbar halte. Wenn man sehen könnte, was in der Zukunft geschieht, könnte man es verändern. Wenn Sie wüßten, welches Pferd im Grand National gewinnen wird, könnten Sie ein Vermögen machen, indem Sie darauf wetten. Doch diese Handlung würde die Wettquote verändern. Man braucht sich nur

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