S t e p h e n W. H a w k i n g. E i n s t e i n s T r a u m

Der Krankheitsverlauf verlangsamte sich, und ich kam mit meiner Arbeit voran, vor allem mit dem Beweis, daß das Universum im Urknall einen Anfang gehabt haben muß.

LAWLEY: In einem Interview haben Sie gesagt, Sie glauben, Sie seien heute glücklicher als vor Ihrer Krankheit.

HAWKING: Mit Sicherheit bin ich heute glücklicher. Bevor ich ALS bekam, hat mich das Leben gelangweilt. Doch die Aussicht auf einen frühen Tod brachte mir zu Bewußtsein, wie wertvoll das Leben ist. Es gibt so viele Dinge, die man tun kann, die jeder

tun kann. Mit einem gewissen Stolz glaube ich, daß ich trotz meiner Krankheit einen bescheidenen, aber wichtigen Beitrag zum Wissen der Menschheit geleistet habe. Natürlich habe ich sehr viel Glück gehabt, aber jeder kann etwas erreichen, wenn er es intensiv genug versucht.

LAWLEY: Würden Sie so weit gehen zu sagen, daß Sie vielleicht nicht soviel erreicht hätten, wenn Sie nicht ALS bekommen hätten, oder ist das zu simpel?

HAWKING: Nein, ich glaube nicht, daß ALS für irgend jemanden von Vorteil sein kann. Doch für mich war die Krankheit nicht so schlimm wie für andere, weil sie mich nicht daran hinderte zu tun, was ich tun wollte, nämlich zu verstehen, welche Gesetzmäßigkeiten das Universum bestimmen, LAWLEY: Die zweite Hilfe im Kampf gegen die Krankheit war eine junge Frau namens Jane Wilde, die Sie auf einer Party ken-nenlernten, in Ihr Herz schlössen und heirateten. Was würden Sie sagen: Inwieweit haben Sie Ihren Erfolg Jane zu verdanken?

HAWKING: Ohne sie hätte ich es sicher nicht geschafft. Die Verlobung mit ihr hat mich aus der tiefen Verzweiflung gerissen, in der ich mich befand. Wenn wir heiraten wollten, mußte ich eine Stellung finden, und dazu mußte ich meine Promotion abschließen. Ich begann intensiv zu arbeiten und stellte fest, daß es mir Spaß machte. Als meine Krankheit sich verschlimmerte, hat Jane mich ganz allein gepflegt. Damals hat uns niemand Hilfe angeboten, und wir hätten uns auf keinen Fall eine Pflegerin leisten können.

LAWLEY: Und gemeinsam straften Sie die Ärzte Lügen, nicht nur indem Sie weiterlebten, sondern auch indem Sie Kinder bekamen: 1969 wurde Robert geboren, 1970 Lucy und 1979 Timo-thy. Wie erstaunt waren die Ärzte?

HAWKING: Der Arzt, der die Diagnose gestellt hatte, wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Er glaubte, da ließe sich nichts mehr machen. Nach der Untersuchung habe ich ihn nie wieder gesehen. Daraufhin übernahm mein Vater die Behandlung, und an seine Ratschläge hielt ich mich. Von ihm weiß ich, daß es keine Anhaltspunkte für eine Vererbung der Krankheit gibt.

Jane hat sich um mich und die beiden Kinder gekümmert. Erst als unser drittes Kind, Tim, geboren wurde, mußten wir Pflegerinnen für mich einstellen.

LAWLEY: Aber Sie und Jane leben nicht mehr zusammen.

HAWKING: Nach meiner Luftröhrenoperation mußte ich rund um die Uhr gepflegt werden. Das bedeutete eine immer größere Belastung für unsere Ehe. Schließlich zog ich aus; heute lebe ich in einer anderen Wohnung in Cambridge. Wir sind getrennt.

LAWLEY: Hören wir wieder Musik.

HAWKING: von den Beatles. Nach meinen ersten vier ziemlich ernsten Stücken brauche ich etwas Leichteres zur Erholung. Für mich und viele Altersgenossen brachten die Beatles frischen Wind in die ziemlich fade und spießige Pop-szene. Samstag abends hörte ich die Top Twenty von Radio Luxemburg. (MUSIK.)

LAWLEY: Trotz aller Ehrungen, die Ihnen zuteil wurden, Stephen Hawking – und hier ist besonders darauf hinzuweisen, daß Sie auf den Lukasischen Lehrstuhl für Physik, Newtons Lehrstuhl, berufen wurden -, entschlossen Sie sich dazu, ein populärwissenschaftliches Buch über Ihre Arbeit zu schreiben, aus einem, wie ich finde, sehr einfachen Grund: Sie brauchten Geld.

HAWKING: Zwar wollte ich mit einem populärwissenschaftlichen Buch ein bißchen Geld verdienen, doch vor allem habe ich

geschrieben, weil es mir Spaß

machte. Ich war von den Entdeckungen begeistert, die in den letzten fünfundzwanzig Jahren gemacht worden sind, und ich wollte den Menschen davon berichten. Ich hätte nie erwartet, daß es so erfolgreich sein würde.

LAWLEY: Tatsächlich hat es alle Erwartungen übertroffen und ist durch die Zeit, die es auf der Bestsellerliste war – dort ist es übrigens noch immer-, in das ein-gegangen. Niemand scheint zu wissen, wie viele Exemplare weltweit verkauft worden sind, aber man kann mit Sicherheit davon ausgehen, daß es mehr als zehn Millionen sind. Offenbar kaufen es die Leute, doch die Frage bleibt: Lesen sie es auch?

Pages: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61

Leave a Reply 0

Your email address will not be published. Required fields are marked *