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Padington by Agatha Christie

und dachte angestrengt nach. Sie hatte ein Problem zu lösen

– das Problem, wie sie sich nun verhalten sollte, und seltsamerweise

betrachtete sie es, ebenso wie Mrs. McGillicuddy,

als ihre Pflicht, sich mit der Sache zu befassen.

Ihre Freundin hatte gesagt, sie hätten beide getan, was sie

konnten. Für Mrs. McGillicuddy traf das zweifellos zu; was

aber sie selber anging, so war sie dessen nicht ganz so

sicher.

Aber was konnte sie denn nun wirklich noch tun?

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Leidenschaftslos wog Miss Marple ab, was dafür und was

dagegen sprach, daß sie sich noch weiter mit dieser Sache

befaßte. Dafür sprachen folgende Punkte:

1. Ihre lange Lebenserfahrung und ihre Kenntnis der

menschlichen Natur.

2. Sir Henry Clithering und sein Patenkind (jetzt in

Scotland Yard), die ihr bei einer früheren

Gelegenheit so freundlich geholfen hatten.

3. Der jüngere Sohn ihres Neffen Raymond, David,

der irgendeinen höheren Posten bei den British

Railways bekleidete.

4. Griseldas Sohn Leonard, der sich so gut auf

Landkarten verstand.

Miss Marple überdachte noch einmal diese Aktivposten

und billigte sie. Sie waren alle nötig, um die Passivposten –

besonders ihre eigene körperliche Unzulänglichkeit –

auszugleichen.

Ja, das war der Haupteinwand. Denn wenn sie auch in

Anbetracht ihrer Jahre mit ihrer Gesundheit durchaus zufrie –

den sein maßte, so war sie doch eben nun einmal alt. Und

wenn Dr. Haydrock ihr streng verboten hatte, sich in ihrem

Garten ernsthaft zu betätigen, so würde er es kaum billigen,

daß sie sich aufmachte, um einen Mörder aufzuspüren. Das

war aber genau das, was sie beabsichtigte. Außerdem:

Bisher war ihr jede Mordaffäre stets sozusagen

aufgezwungen worden; in diesem Fall jedoch maßte sie

selber entscheiden, ob sie aktiv eingreifen sollte oder nicht.

Eigentlich hatte sie nicht viel Lust dazu. Sie war alt – alt und

müde.

«Ich bin zu alt für solche Abenteuer», sagte Miss Marple

zu sich selber. Dabei blickte sie aus dem Fenster und

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betrachtete die in einer Kurve verlaufende Böschung der

Eisenbahn…

Eine Kurve…

Ganz schwach regte sich etwas in ihrer Erinnerung…

gerade als der Schaffner ihre Fahrkarte geknipst hatte…

Das brachte sie auf eine Idee – eine ganz vage Idee.

Miss Marples Wangen röteten sich leicht. Plötzlich fühlte

sie sich nicht mehr die Spur müde.

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