S t e p h e n W. H a w k i n g. E i n s t e i n s T r a u m

ßen Kernkraftwerken entspricht.

Mit der Teilchenemission verliert das Schwarze Loch stetig an Masse und Größe. Dadurch finden mehr Teilchen die Möglichkeit, den Potentialwall zu durchtunneln, so daß die Emission ständig an Intensität zunimmt, bis sich das Schwarze Loch gänz-lich verstrahlt hat. Auf lange Sicht wird sich jedes Schwarze Loch im Universum auf diese Weise verflüchtigen. Bei großen Schwarzen Löchern wird dieser Prozeß sehr viel Zeit in Anspruch nehmen: Ein Schwarzes Loch von der Masse der Sonne wird eine Lebensdauer von rund 1066 Jahren haben. Dagegen müßte sich ein urzeitliches Schwarzes Loch in den zehn Milliarden Jahren seit dem Urknall, dem Anfang des uns bekannten

Universums, fast vollständig verflüchtigt haben. Solche Schwarzen Löcher müßten heute harte Gammastrahlen mit einer Energie von ungefähr 100 Millionen Elektronenvolt emittieren.

Nach Berechnungen, die von Don N. Page, damals am California Institute of Technology, und von mir vorgenommen wurden und die auf Messungen des kosmischen Gammastrahlenhintergrunds durch den Satelliten SAS-2 beruhten, muß die durchschnittliche Dichte urzeitlicher Schwarzer Löcher im Universum bei weniger als rund zweihundert pro Kubiklichtjahr liegen. Die lokale Dichte in unserer Galaxis könnte einemillionmal so groß sein wie diese Zahl, wenn sich urzeitliche Schwarze Löcher im

«Halo» von Galaxien konzentrierten – der dünnen Wolke in rascher Bewegung befindlicher Sterne, in die jede Galaxis ein-gebettet ist -, statt gleichförmig über das ganze Universum verstreut zu sein. Daraus würde folgen, daß das der Erde nächst-gelegene Schwarze Loch wahrscheinlich mindestens so weit entfernt ist wie der Planet Pluto.

Das letzte Stadium der Verflüchtigung eines Schwarzen Loches würde sich so rasch vollziehen, daß es in eine gewaltige Explosion münden würde. Das Ausmaß der Explosion hinge von der Zahl der verschiedenen vorhandenen Familien von Elementarteilchen ab. Wenn alle Teilchen, wie heute weithin angenommen, aus vielleicht sechs verschiedenen Arten von Quarks bestehen, würde die abschließende Explosion ein Energieäquivalent von ungefähr zehn Millionen Wasserstoffbomben von je einer Megatonne aufweisen. Andererseits hat R. Hagedorn von der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) eine andere Theorie vorgeschlagen, der zufolge es eine unendliche Zahl von Elementarteilchen mit immer größerer und größerer Masse gibt. Während das Schwarze Loch immer kleiner und hei-

ßer würde, würde es eine immer größere Zahl von verschiedenen Teilchenarten emittieren und schließlich in einer Explosion enden, die hunderttausendmal mächtiger wäre als diejenige, die

nach der Quarkhypothese zu erwarten wäre. Infolgedessen würde die Beobachtung der Explosion eines Schwarzen Loches sehr wichtige Informationen über die Physik von Elementarteilchen liefern – Informationen, die möglicherweise auf keinem anderen Wege zu beschaffen sind.

Die Explosion eines Schwarzen Loches würde möglicherweise einen massiven Ausbruch energiereicher Gammastrahlen hervorbringen. Zwar könnten sie durch Gammastrahlendetektoren in Satelliten oder an Ballons beobachtet werden, doch wäre es sehr schwierig, Detektoren, die groß genug sind, um mit einiger Wahrscheinlichkeit eine genügend große Zahl von Gamma-quanten aus einer Explosion aufzufangen, in solche Höhen zu bringen. Eine leichtere und wesentlich billigere Möglichkeit besteht darin, die obere Erdatmosphäre als Detektor zu benut-zen. Ein in die Atmosphäre eintauchender energiereicher Gammastrahl wird einen Schauer von Elektron-Positron-Paaren erzeugen, die die Atmosphäre ursprünglich rascher durchqueren würden, als das Licht es vermag (denn dieses wird durch die Wechselwirkung mit Luftmolekülen abgebremst). So erzeugen die Elektronen und Positronen eine Art Überschallknall oder eine Stoßwelle im elektromagnetischen Feld. Eine solche Stoß-

welle, Čerenkov-Strahlung genannt, könnten wir von der Erde aus als Lichtblitz wahrnehmen.

Ein vorläufiges Experiment von Neu A. Porter und Trevor C.

Weekes vom University College in Dublin deutet darauf hin, daß es weniger als zwei Explosionen von Schwarzen Löchern pro Kubiklichtjahr und Jahrhundert in unserer Galaxisregion gibt, wenn Schwarze Löcher tatsächlich so explodieren, wie es Hagedorns Theorie vorhersagt. Daraus wäre zu schließen, daß die Dichte der urzeitlichen Schwarzen Löcher unter 100 Millionen pro Kubiklichtjahr liegt. Es müßte möglich sein, die Feinheit solcher Beobachtungen erheblich zu vergrößern. Auch wenn sie keine posi-tiven Anhaltspunkte für urzeitliche Schwarze Löcher liefern

sollten, wären sie sehr wertvoll. Sie würden nämlich der Dichte solcher Schwarzen Löcher eine niedrige Obergrenze setzen und darauf schließen lassen, daß das Universum in seiner Frühphase sehr glatt und frei von Turbulenzen gewesen sein muß.

Der Urknall ähnelt der Explosion eines Schwarzen Loches, nur daß er in unvergleichlich größerem Maßstab stattfand. Daraus schöpfen Wissenschaftler eine große Hoffnung: Wenn man versteht, wie Schwarze Löcher Teilchen erzeugen, so wird man vielleicht auch verstehen können, wie der Urknall alle Dinge im Universum geschaffen hat. In einem Schwarzen Loch stürzt die Materie in sich zusammen und ist für immer verloren, gleichzeitig aber wird an ihrer Stelle neue Materie hervorgebracht. Infolgedessen ist denkbar, daß es eine noch frühere Phase des Universums gab, in der die Materie zusammenstürzte, um dann im Urknall wiedererschaffen zu werden.

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